Um die Löhde-OP zu verstehen, muss man sich von der Sichtweise auf einzelne Organe und deren Funktion lösen. Unsere Forschungen haben gezeigt, dass wir zentral in der Tiefe hinter dem Brustbein ein faszinierendes funktionelles Zusammenspiel entscheidender Organe haben. Wie im Getriebe eines Autos oder einem Uhrwerk greifen Tag und Nacht die einzelnen Räder ineinander und gewährleisten unser Leben.
In diesem "Maschinenraum des Menschen" herrscht nie Ruhe oder Erholung. Jede Sekunde wird gepumpt, gezogen, gepresst, Unterdruck erzeugt und in Überdruck überführt, Blut wird aus der unteren Körperhälfte hochgesogen, im Herzen komprimiert, die Lungen hinabgezogen und gedehnt, kleinste Gefäße hin und her bewegt in dem Wechsel der Druckspitzen, Moleküle aus den Zellen gesaugt, andere hineingeschleust und vieles mehr.
Dieses System im Körper nennen wir Core-Engine. Das ist der Motor in uns, der mit dem ständigen Herzschlag und der ununterbrochenen Atembewegung alles antreibt und uns am Leben hält. Die zentrale Bedeutung hat das Zwerchfell. Es ist das wichtigste Ordnungsorgan im Menschen und sorgt für die stabile Anordnung aller beteiligten Komponenten: Herz, Lungen, Leber, Speiseröhre, Magen, Bauchspeicheldrüse, Milz, Aorta, den großen Venen, Nervus Vagus, anderen Nerven und Lymphwegen und anderen.
Diesen schreibt das Zwerchfell eine exakt festgeschriebene Position in diesem Räderwerk zu. Diese Funktion gewinnt besondere Bedeutung bei der Refluxerkrankung. Diese vielen ineinandergreifenden Funktionen bilden ein großes Ganzes mit unendlich vielen aufeinander abgestimmten und ineinander greifenden Körperfunktionen. Das Zwerchfell arbeitet unermüdlich und erhält die Ordnung im Körper. Es ist über die nervalen Netzwerke auf emotionaler Ebene mit dem Gehirn, Nervus Vagus und Botenstoffen im Blut gekoppelt und, wie im Altertum vielleicht zu Recht vermutet, dem Sitz der Seele sehr nah.
Während das Zwerchfell unter anderem für die perfekte Ordnung im Körper sorgt, übernimmt unser Herz den eigentlichen Antrieb der Core-Engine. Das Herz ist der entscheidende Motor in diesem hochinteressanten Räderwerk aus Nervennetzwerken und komplex verbundenen Organen. Unsere Forschungen haben gezeigt, dass das Herz der entscheidende Schlüssel zur Refluxkontrolle ist!
Die Speiseröhre ist mit der linken Herzkammer eng gekoppelt. Warum? Die Daten zeigen, dass das Herz wie eine bifunktionale Pumpe arbeitet. Mit jedem Herzschlag pumpt es Blut nach oben in den Kreislauf und stützt sich für diese Druckbewegung auf der Speiseröhre ab. Diese Abstützbewegung wiederum generiert eine abwärts gerichtete Kompression und Pumpbewegung, sodass alles in der Speiseröhre gezielt mit 1-2 Herzschlägen in den Magen entleert wird.
Was hat das mit Reflux zu tun? Unsere Daten zeigten, dass beim Menschen die Speiseröhre stets geöffnet zum Magen ist. Das ist lebenswichtig, damit wir trinken und essen können, ohne erst Sekunden bis Minuten auf das Öffnen, z.B. eines Sphinkters, warten zu müssen. Aber solch ein offenes System bedeutet ständige Rückflussmöglichkeit! Und tatsächlich hat jeder einen gewissen kurzzeitigen Reflux. Aber auch das Problem löst das Herz: Mit einer Pumpleistung von mehr als 100.000 Herzschlägen pro Tag wird jede Form von Reflux in diesem System unterbunden und schützen uns effektiv vor aufsteigenden Magensäften. Es besteht also eine Art Gegenstromprinzip, dass es unmöglich macht, dass Substanzen aus dem Magen nach oben kommen. Es ist faszinierend, wie die vielen Anforderungen in diesem Bereich gemeistert werden und unser Herz, der Kernmotor der Core-Engine, energiefrei und bifunktional arbeitet, um all diese lebenswichtigen Funktionen abzusichern.
Aber hier liegt genau das Problem bei einem Zwerchfellbruch, denn hier im Hiatus, wo extra ein Loch besteht, um die Speiseröhre hindurchzulassen, gibt eine Schwachstelle! Die beiden Crura-Muskeln sind sehr verletzlich. Jeden Tag wird an ihnen beim Husten, Pressen und Atmen gezerrt, gezogen und gedrückt. Bei bestimmte Konstellationen von Muskelwinkel, genetischer Anlage, Stärke und Zugrichtung der Crura, Wachstumsprozessen oder außergewöhnlichen Belastungen kann es passieren, dass die Muskeln Stück für Stück auseinanderbrechen. Das Loch weitet sich und die Speiseröhre kann vom Zwerchfell nicht mehr in der wichtigen Position im Räderwerk der Core-Engine gehalten werden. Sie rutscht aus der Druckzone des Herzens heraus.
Das Auftreten von Fehlfunktionen im System ist nun absehbar, wie in einem Uhrwerk. Insbesondere kann das Aufsteigen von Säure aus dem Magen von dem pumpenden Herzen nicht mehr aufgehalten werden. Die Speiseröhre ist zu weit weg. Es entsteht Reflux. Genau diese tief im Inneren liegende Verschiebung konnten wir bei Reflux-Patienten nachweisen.
Was bedeuten diese Erkenntnisse? Zum einen dürfen wir bei einer Fehlfunktion im System nicht einfach einem Organ "die Schuld" dafür geben und sagen: Die Speiseröhre kann nicht schließen, wir machen sie enger!" Zum anderen eröffnet sich mit diesem Wissen ein ganz anderer Weg zur Heilung: Wenn man die Organe wieder regelhaft in der Core-Engine zusammenfügt, klappt dann das System mit all seinen Funktionen wieder? Heute wissen wir Ja! Und haben dafür die Löhde-Operation entwickelt.
Es mutet so harmlos an. Aber stellen Sie sich vor, bei Ihrem Auto würde sich die Getriebeachse um einige cm verschieben! Der Wagen müsste abgeschleppt werden. Achten Sie hier auch auf den His´schen Winkel in unserem Blog (Fachwissen für Patienten: Das Mysterium Der His'sche Winkel), wie er eher spitz zuläuft, wenn alles richtig angeordnet ist, und wie er sich langsam öffnet, wenn der Magen nach oben gleitet. Der Winkel ist also ausschließlich eine Funktion der räumlichen Anordnung, nicht ein Merkmal der Verschlussfähigkeit! Legt man die Organe wieder richtig hin, ist auch der His´sche Winkel so wie immer.